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25/05/2022 – 4 min.

Localism I - Der ewige Kampf um die perfekte Welle

Wir kennen Localism als das ablehnende, einschüchternde oder respektlose Verhalten der Locals gegenüber den BesucherInnen “ihres” Surfspots. Meist fühlt sich das für uns an als wären wir einfach nicht willkommen. Locals vermitteln uns meist subtil das Gefühl, dass sie Strand und Wellen lieber für sich hätten. Dann sind wir total verunsichert, bekommen im schlimmsten Fall gar keine Wellen mehr, sitzen nur noch im Weg herum bis wir schließlich aufgeben und geknickt das Feld räumen.

Wir finden es schade, wenn Surftage so ablaufen und sich dadurch auch noch die selbst-gemachten Fronten zwischen Locals und Nicht-Locals verhärten.

Ein Perspektivwechsel: 6 Gründe für die Entstehung von Localism

Ihr wisst mittlerweile, dass Localism keine ausgiebige Lokaltour nach dem Surfen ist, sondern der Umgang der Locals mit den Nicht-Locals. Localism kann sich durch Graffitis mit Sprüchen wie “Stop Surf Business”, T-Shirts mit dem Aufdruck “Locals only” aber auch durch grimmige Blicke und manchmal sogar Beleidigungen zeigen.

Wenn der Umgang der Locals mit den Nicht-Locals zu wünschen übrig lässt, hilft es zu wissen, was die Locals eigentlich triggert, um sich entsprechend zu verhalten. Es hilft auch, um herauszufinden in welchen Fällen Localism überhaupt angebracht sein könnte und wann er einfach nur pure Schikane und Macho-Gehabe ist.

Grund 1: Verknappung

Wellen, die der Ozean und der Wind “für uns” produzieren, werden als seltenes Gut gesehen. Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um richtig gute Bedingungen zu haben. Das ist die oft beschreibene Suche der der „perfekten Welle“. Surfen ist also nicht wie Klettern. Wenn wir heute nicht klettern wollen, ist der Fels morgen immer noch da. Tolle Wellen hingegen sind temporär. Wird die Surfcrowd also größer, muss man sich dieses limitierte Glück teilen. Und dann steigt der Wellen-Neid, der sich im allerschlimmsten Fall in respektlosem Verhalten zeigt.

Grund 2: Zeit

Neben der Verknappung der Wellen kommt ein weiterer Faktor hinzu, der die Locals stresst: Zeit! Während TouristInnen den ganzen Tag planschen können, haben Locals in den meisten Fällen noch andere Termine. Immerhin leben und arbeiten sie da, wo du Urlaub machst. Der Ortsansässige presst also schnell eine Session zwischen Aufstehen und Arbeit.

Somit hat er vielleicht 45 Minuten Zeit und will innerhalb dieser Dreiviertelstunde viele gute bis unglaubliche Wellen haben! Jetzt muss er auch noch mit immer mehr angefixten UrlaubssurferInnen konkurrieren und es kommt schnell Frust ins Spiel.

Grund 3: Kein Fairplay

Was ich auch immer von wütenden Locals höre, betrifft die Ahnungslosigkeit oder das stoische Nichtbeachten der Surf Etiquette. Denn UrlaubssurferInnen kennen oftmals die Line Up Regeln nicht, an die sich jeder halten müsste, um sich und andere nicht zu gefährden.

Je niedriger das Niveau, desto wahrscheinlicher ist es, mal im Weg zu sein, sein Brett loszulassen oder jemanden durch schiere Unachtsamkeit zu verletzen. Natürlich müssen auch AnfängerInnen irgendwo lernen… doch dabei hilft es zumindest die eben erwähnten Regeln zu kennen, die wir übrigens in diesem Artikel bereits besprochen haben.

Grund 4: Ärger über den Leichtsinn der BesucherInnen

Jemand der Gast ist, kennt die Eigenheiten des Spots nicht und damit auch nicht seine Gefahren. Wer weiß wie oft Locals schon als Rettungsschwimmer oder Ersthelfer einspringen mussten, um zu leichtsinnige BesucherInnen zu retten.

Es reicht schon das Gefühl der Locals gleich zur Hilfe eilen zu müssen, um sich nicht mehr auf ihren verdienten Surf konzentrieren zu können. Wenn sich diese Events allerdings häufen, wird sich dieses erzwungene Verantwortungsgefühl früher oder später in Ignoranz und Rücksichtslosigkeit wandeln, um Gästen zu zeigen, dass sie hier, aus genau diesem Grund, nicht willkommen sind.

 

Grund 5: Starke Verbundenheit mit dem Spot

Locals, die ihr Leben an diesem Spot verbracht haben, schätzen ihren Strand. Eventuell pflegen sie ihn auch wie ihren eigenen Garten, veranstalten Beach Barbecues und verbringen die Sonntage dort mit ihrer Familie.

Meist kennt er den Spot auch noch vor 20 Jahren, wo es deutlich weniger Surfer im Wasser gab. Und nun muss er sich seinen „Garten“ und seine Wellen plötzlich mit tausenden Touristen teilen. Und die behandeln seine geliebte Umgebung nicht immer mit dem notwendigen Respekt. Allerdings ist dieser Punkt stark mit dem nächsten verknüpft, denn selbst “respektvolle” BesucherInnen können Opfer von Localism werden.

Grund 6: Unsere Instinkte

Zu guter Letzt muss man zugeben, dass in den Köpfen der Locals etwas ganz Menschliches passiert: Denn Menschen legen ein Besitzverhalten an den Tag. Das ist tief in uns verankert und kann ausgelöst werden, wenn wir die Ranghöheren oder die “zuerst gekommenen” sind.

Das kann man ganz gut bei spielenden Kindern beobachten. Hat ein Kind einen Gegenstand, der ihm Freude bereitet, verteidigt er diesen vor anderen Kindern. Es hat zumindest kurzfristig einen Besitzanspruch! Somit sind Locals nichts anderes als spielende Kinder mit Wellen-Neid.

Ein Mini-Fazit zu Localism:

Es ist vermutlich totaler Unfug etwas so Freies wie das Meer und seine Wellen für sich beanspruchen zu wollen. Noch viel blöder ist es, wenn man versucht mit Aggression ein Recht durchzusetzen, das überhaupt nicht genormt ist.

 

Allerdings fällt es mir sehr schwer Localism komplett zu verurteilen, weil ich denke, dass die schlechte Angewohnheit des Besitzanspruches etwas zutiefst menschliches ist. Ich kann nicht gegen etwas wettern, was ich manchmal selbst als Ausländerin in Portugal verspüre zum Beispiel, wenn ich nasse, sandige SurferInnen im Surfponcho durch den Lidl trampeln sehe oder Surfgruppen im Line Up mega laut sind, kreischen oder ständig labern.

Vermutlich haben wir alle ein kleines Problem damit, Dinge, die wir seit Jahrzehnten benutzen, pflegen und kennen mit “fremden” Menschen zu teilen. Daher ist auch Localism und das gefühlte Recht der Locals auf ihren Spot sehr gut nachvollziehbar. Wichtig ist nur zu unterscheiden, ob es ein angebrachtes Verhalten ist, da man vielleicht wirklich gerade Mist baut oder ob es schlichtweg plumpes Macho-Gehabe ist.

Im nächsten Blogbeitrag zeige ich euch die „Bright Side“ des Localism. Das liegt nicht daran, dass wir hoffnungslose OptimistInnen sind, sondern, dass es tatsächlich positives über Localism zu sagen und zu schreiben gibt! Freut euch drauf. Bis dahin eine schöne Zeit!

 

Blogreihe über Localism

Birgit schreibt hier über das leidige Thema. Nachbarn streiten um Parkplätze, Geschwister um die Aufmerksamkeit der Eltern und SurferInnen um ihr wichtigstes Gut: die Wellen. Diese WaveSisters Blogreihe widmet sich deshalb einem leidigen Thema, das bei uns SurferInnen stets präsent sein wird: Localism.

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